Kieferndauernwald im Forstrevier Bärenthoren

In diesem Artikel soll es um das historisch wichtige Forstrevier „Bärenthoren“ und den Kieferndauerwald gehen. Das ehemalige Forstrevier „Bärenthoren“ liegt im heutigen Bundesland Sachsen-Anhalt, dort im Betrieb Anhalt und dort wiederum im Revier Hoher Fläming. Dabei handelt es sich um einen besonderen Waldbau, doch davon später mehr!

Das Land Sachsen-Anhalt besitzt eine Waldfläche von 500.000ha. Hiervon sind etwa 55% Privatwald, 27% befinden sich in Landesbesitz und die restlichen 18% verteilen sich auf den Bund, die Kommunen und Kirchenwald.

Die Hauptbaumart in Sachsen-Anhalt ist die Kiefer. Im Revier Hoher Fläming ist sie mit einem Anteil von rund 50% vertreten. Als zweite wichtige Baumart ist die Traubeneiche zu nennen. Sie hat an der Baumartenzusammensetzung einen Anteil von etwa 11%, ähnlich der Fichte mit rund 10%. Das Revier Hoher Fläming hat einen Jahresniederschlag von 620mm. Diese für Brandenburg hohe Menge an Niederschlag ist auf die erhöhte Lage des Flämings (170m ü. NN.) zurückzuführen. Es liegt eine durchschnittliche Jahrestemperatur von 8,5° C vor.

Bodenkundlich wird man im Revier Hoher Fläming auf verschiedene Sandbraunerden treffen, wobei einige eine Lehmunterlage besitzen, andere wiederum nicht.

Bei dieser Ausgangssituation beträgt der gemessene Zuwachs 6,7Vfm/ha/a wovon etwa 5,4 Vfm/ha/a geerntet werden. Diese Standorte sind laubholzfähig und deshalb wird jedes Jahr eine Fläche von 10- 30ha aufgeforstet. Mit diesen Ausgangsinformationen soll nun das ehemalige Forstrevier „Bärenthoren“ bzw. das heutige Waldschutzgebiet „Bärenthoren“ betrachtet werden.

Die spannende Frage ist also: Ob es möglich ist mit einer Lichtbaumart wie der Gemeinen Kiefer Dauerwald beziehungsweise dauerwaldartige Strukturen zu erreichen?

Historische Hintergründe von Bärenthoren

Die Geschichte des waldbaulich- historischen Reviers „Bärenthoren“ beginnt mit dem Kauf des Rittergutes Polenzko mit Bärenthoren 1843. Das Gut wurde durch Friedrich von Kalitsch (1786-1870), Großvater des Friedrich von Kalitsch (1858- 1938), der den Kieferndauerwald anlegen sollte, gekauft. Nachdem Friedrich von Kalitsch sein Studium in Eberswalde (1881- 83) beendet hatte, arbeitete er in verschiedenen Positionen für die preußische Verwaltung. 1892 verließ er den Staatsdienst wieder und widmete sich seinem Erbe, dem Rittergut Polenzko-Bärenthoren.

Zum damaligen Zeitpunkt war der Jahresertrag des Gutes so gering, dass es zu Ausgleichszahlungen durch seinen Bruder Ernst von Kalitsch kommen sollte, bis das Revier Bärenthoren wirtschaftlich wäre. Friedrich von Kalitsch verzichtet jedoch auf diese Testamentsverfügung seines Vaters. Friedrich von Kalitsch war trotz der devastierten Böden und der verkümmerten und verkrüppelten Vegetation in dem Revier der Ansicht, er könne einen wesentlich höheren Jahresertrag als den bisherigen erwirtschaften.

Um dies zu erreichen, stellte er als erstes die Streu-, Stock- und Nutzung des Waldes als Waldweide ein. Auf den Anfangs 550ha befanden sich im Ausgangsvorrat nur etwa 2-3% von über 60j.hrigen Kiefern, woraus sich keine nachhaltige Kahlschlagsnutzung erreichen ließ. Aus dieser Not heraus wollte von Kalitsch möglichst schnell, qualitativ hochwertige Bäume mit guter Kronenausprägung erziehen. Dies gelang ihm durch eine jährliche Pflege auf der gesamten Revierfläche, wobei er sogar stärker durchforstete als der Hiebsatz eigentlich vorsah, jedoch ohne den Bestand kurzfristig aufzulichten und damit eine Verjüngung einzuleiten.

Nachdem Alfred Möller über die „Bärenthorener Kiefernwirtschaft“ publiziert hatte, kamen Waldbesitzer und Forstleute zu Gast, um sich ein eigenes Bild von dieser Art der Kiefernbewirtschaftung zu machen. Dabei wurden von Dr. Zentgraf die 11 essenziellen Punkte festgehalten. Diese sollten zu den 11 Leitsätzen der Kalitsch’schen Forstwirtschaft werden. Nachzulesen sind diese in der Ausgabe 17 des „Wald in Sachsen-Anhalt“ Magazins.

Das Ziel der Bärenthorener Forstwirtschaft war, durch eine ständige Boden- und Bestandespflege eine hohe Masse und eine besonders gute Qualität zu erreichen. Dabei wurde nur auf das Ziel hingearbeitet, nicht auf die Naturverjüngung hin. Diese wurde wohlwollend für die Bodenverbesserung mit geführt, jedoch wurde sie nicht besonders gefördert.

Es wurden häufig wiederkehrende Eingriffe durchgeführt, um die besten Individuen zu fördern. Von Kalitsch wollte vollentwickelte Kronen, die etwa 1/3 der Baumlänge ausmachen und er forderte 12m reine Schaftlänge. Darauf arbeitete er seit der ersten Läuterung in den Beständen hin, ohne jedoch den Bestandesschluss zu sehr abzusenken. Mit Erreichen der geeigneten Längendimensionen, wurde sehr ähnlich der Z-Baum-Auslese durchforstet. Wobei von Kalitsch eine wesentlich höhere Stammzahl für seine Zukunftsbäume vorgibt.

Während dieser Zeit ist Anflug und Verjüngung willkommenes Beiwerk für die Bodenverbesserung und Struktur, aber Sie wird nicht gefördert. Erst die entstehenden Lichtkegel bei der Entnahme von Bäumen, und die dort auflaufende Naturverjüngung ist gewollt.

Wie hat sich Bärenthoren aktuell entwickelt?

Seit der Veröffentlichung von Alfred Möllers aus dem Jahre 1920 über die Bärenthorener Kiefernwirtschaft hat sich im Revier Bärenthoren einiges verändert.

Angefangen vom Standort, denn anders als zur Zeit von Friedrich von Kalitsch, sind die Böden nicht mehr verarmt und es gibt eine flächendeckende Bestockung, sofern dies nicht durch natürliche Schadereignisse beeinflusst wurde.

Seit 2009 wurde das Kerngebiet Bärenthoren, auf Grund seiner historischen Bedeutung zum Waldschutzgebiet erklärt. Das Kerngebiet umfasst eine Fläche von ca. 240ha mit einem Vorrat von rund 206 Vfm/ha. Der jährliche Zuwachs betr.gt 6,5 Vfm/ha und es werden jährlich 4,5 Vfm/ha genutzt.

Das Kerngebiet soll als Beispielobjekt für einen Kieferndauerwald stehen, aus diesem Grunde werden in der Kernzone auch keine Kahlschl.ge durchgeführt. Ausnahme hierfür war der Sturm Kyrill im Jahr 2007 durch den im gesamten Revier Hoher Fläming rund 130.000 Vfm geworfen wurden. Davon war auch die Kernzone betroffen.

Um dieses Gebiet der Kernzone mit annähernd im Kieferndauerwald nach von Kalitsch zu erhalten, verzichtet man auf den Unterbau mit Laubholz.

Im Gegensatz jedoch zur Zeit von von Kalitsch muss heute der Boden wegen einer starken Vergrasung flächig mit einem Kulla-Kultivator vorbereitet werden. Die starke Vergrasung ist auf eine Eutrophierung durch Stickstoff aus Feinstäuben zurückzuführen. Positiv ist auch anzumerken das der Boden mit seiner Auflage sich deutlich verbessert hat im Gegensatz zu der Zeit als von Kalitsch das Revier Bärenthoren übernahm. Dies ist auf sein Wirken und das Wirken seiner Nachfolger zurückzuführen. Denn ohne die Einstellung der Reisig- und Stocknutzung und der Aufgabe der Nutzung des Waldes als Waldweide wäre der Boden noch weiter verarmt. Zum jetzigen Zeitpunkt wird versucht wieder einen mehrschichtigen ungleichaltrigen Kiefernbestand zu etablieren bzw. wo er vorhanden ist, fortzuführen. Auch wird ganz wie bei von Kalitsch Anflug von Laubgehölzen gerne mit angenommen, aber kein besonderer Wert daraufgelegt und diese Bäume auch nicht gefördert. Eher im Gegenteil denn die Art der spätblühenden Traubenkirsche ist im ganzen Revier vorhanden und beschattet so den Erdboden und verhindert die Kiefernnaturverjüngung. Um dieses Problem anzugehen, wird vor Ort mit den sogenannten Ökopunkten gearbeitet. Hierbei können naturschutzfachliche Maßnahmen indirekt gefördert werden. Hierbei musste man sich zuerst als ein Ökokonto eintragen lassen und bekommt anschließend Ökopunkte für gewisse Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Standorts. Der Wert pro Punkt variiert von Zeit zu Zeit, im Augenblick liegt er bei ca. 0,40€.

In diesem konkreten Fall bekommt man für die Entfernung der stark invasiven spätblühenden Traubenkirsche 10 Punkte pro m., aber es muss für eine Zeit von 30 Jahren dafür gesorgt werden, dass die Traubenkirsche auf dieser Fläche ferngehalten wird. Durch dieses Geld aus den Ökopunkten können andere Kulturmaßnahmen finanziert werden.

Auch eine Neuerung auf der Fläche ist die Anwesenheit des Wolfes. Dieser ist vor Ort gerne gesehen, da er die jagdlichen Aufgaben verringert. Denn ohne eine ausreichende Bejagung w.re es nicht möglich eine ausreichende Naturverjüngung zu erzielen.

Um die Naturverjüngung einzuleiten, wird wie schon zu Zeiten von von Kalitsch mit dem Femelhieb bzw. mit Einzelstammentnahmen gearbeitet.

Die Bestände sind nicht alle gleichmäßig bearbeitet, zeigen aber durch oft mehrere Generationen Kiefer auf der gleichen Fläche den Gedanken des Dauerwaldes an.

Welche Möglichkeiten hat Bärenthoren für die Zukunft?

Ausgehend von der anfänglichen Fragestellung, ob es möglich ist mit einer Lichtbaumart wie der gemeinen Kiefer einen Dauerwald bzw. dauerwaldartige Strukturen zu schaffen, muss das

Revier Bärenthoren differenziert betrachtet werden.

Als Ausgangpunkt dient die Übernahme des Reviers Bärenthoren durch Friedrich von Kaltisch. Zu diesem Zeitpunkt lag ein lückiger, junger Bestand mit schlechten Qualitäten vor.

Der Boden war durch Übernutzung stark verarmt und die Bestände hatten dadurch eine geringe Wertleistung.

Dementsprechend hat aus heutiger Sicht von Kalitsch das einzig Sinnvolle getan, er hat die Stoffaustr.ge unterbunden und auf ganzer Fläche vom schlechten Ende her gepflegt. Da der Mineralboden auf Grund der intensiven Nutzung oft frei lag, brauchte sich von Kalitsch um Naturverjüngung keine Gedanken machen, diese wuchs von selbst nach, sobald irgendwo etwas mehr Licht auf den Boden kam. Durch diese Art der Pflege auf der gesamten Fläche und über einen längeren Zeitraum, konnten sich mehrschichtige Kiefernbestände entwickeln. Diese trugen wiederum zur Bodenverbesserung bei, wodurch die vorhandenen Bäume wieder besser wuchsen. In diesem Zusammenhang duldete von Kalitsch auch den Anflug von anderen Pionieren wie beispielsweise der Birke, welche wieder zur Bodenverbesserung beitrugen. Anders als in der Gegenwart, war es zu von Kalitsch’sches Zeiten dringend notwendig, dass sich wieder eine Humusauflage bildete und der Boden nicht weiter degradiert.

Heute ist dies nicht mehr das Hauptproblem, dank Von Kalitsch und dessen Nachfolgern, die das Prinzip weiterverfolgt haben. Gegenwärtig ist eher eine Eutrophierung und die damit einhergehende Vergrasung ein Problem. Die Kiefer, lässt sich in dem Bereich ohne Bodenbearbeitung nicht verjüngen und zusätzlich erschwert die spätblühende Traubenkirsche den Keimprozess durch die Beschattung des Bodens. Die spätblühende Traubenkirsche und die Birke sind jedoch nicht die einzigen Laubbaumarten, die sich im Laufe der Jahre auf der Fläche eingefunden haben. Mittlerweile findet man auch Traubeneichen, Rotbuchen, Ebereschen und Hainbuchen. Der Standort ist auch mit seiner Stammnährkraftstufe M2 und einem Jahresniederschlag von 620mm mehr als geeignet für Laubholz. Dies ist jedoch im Kieferndauerwald nicht möglich, da die Kiefer als Lichtbaumart dann sehr schnell unter Konkurrenzdruck gerät. Über einen längeren Zeitraum betrachtet würde somit die Kiefer aus diesem Areal verdrängt werden.

Ist es möglich einen Dauerwald mit einer Lichtbaumart umsetzen?

Ein Dauerwald ist eine Klimax Waldgesellschaft, in der verschiedenste Baumarten nebeneinander in ökologischen Nischen existieren, ohne das eine andere Baumart komplett verdrängt wird. Der Mensch kann diesen Zustand in „Urwälder“ oder Plenterwäldern auf natürliche Weise vorfinden. Es ist auch möglich einen Dauerwald zu erziehen mit vielen unterschiedlichen Baumarten, diese sind jedoch wieder Pflegeintensiv, da Nebenbaumarten oft herausgepflegt werden müssen, da sie sonst verdrängt werden würden. Den Kiefernwald den Alfred Möller Anfang des 20. Jahrhunderts in Bärenthoren vor fand, war das Ergebnis, von einer naturnahen Waldbewirtschaftung, die einer Sukzession ähnelte. Heute versucht man diesen Zustand/ diesen Ausschnitt der Sukzession wieder herzustellen um ihn als Anschauungsobjekt zu benutzen. Dies ist jedoch nur mit einem erhöhten Aufwand zu bewältigen, da die Entwicklung immer wieder zurückgesetzt werden muss oder eine Weiterentwicklung verhindert werden muss.

Aus diesem Grunde ist ein Kieferndauerwald auf lange Sicht auf solch einem Standort nicht vorstellbar, da die gemeine Kiefer als Pionierbaumart auf einem guten Standort nicht konkurrenzfähig genug ist. Die Bewirtschaftungsform von Friedrich von Kalitsch hat mit der Kiefer auch nur so gut anfangs funktioniert, weil die Ausgangbedingungen gestimmt haben. Nämlich devastierte Böden und Wald mit einem sehr geringen Schlussgrad.

Daraus ist zu erkennen das ein Kieferndauerwald nur mit hohem bis sehr hohem Aufwand zu erhalten ist und bei besser werdenden Bodenverhältnissen eigentlich auf Dauer nicht ratsam ist.

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